Die Wissenschaft hinkt hinterher: Weitere schon bekannte Formen
Die auf dieser website unter „Arten“ vorgestellten Prachtguramis sind nur die bis heute als Arten wissenschaftlich beschriebenen Formen. Es existieren aber wesentlich mehr Parosphromenus–Varianten, wobei in den allermeisten Fällen unklar ist, ob es sich nur um neu bekannt gewordene lokale Vorkommen einer bereits beschriebenen Art, um Unterarten (Subspecies), Halbarten (Semispecies) oder sogar um eigenständige Arten (Species) handelt. Es ist allerdings kaum noch nachvollziehbar, wie viele weitere, bis heute unbeschriebene Formen bisher schon bekannt geworden sind. Wegen der schwierigen Erreichbarkeit vieler Gebiete, in denen es kaum Straßen gibt, ist auch mit großer Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass zusätzlich noch völlig unbekannte Formen und vielleicht auch Arten existieren. Es ist leider auch wahrscheinlich, dass infolge der kleinräumigen Verbreitung mancher Formen einige bereits durch die Urwaldzerstörung vernichtet worden sind, bevor wir sie jemals kennen gelernt haben.
Bei den hier aufgeführten vielen bereits heute bekannt gewordenen Formen mit wissenschaftlich unklarem Status ist zu beachten, dass es verschiedene übliche Bezeichnungsweisen gibt, die leider oft auch durcheinander gehen. So gibt es z.B. Prachtguramis, die so bezeichnet werden, dass sie einer beschriebenen Art mehr oder weniger „ähnlich“ sind. Hier gibt es zwei Bezeichnungsweisen, die mit „aff.“ (von lateinisch affinis: verwandt mit) und „cf.“ (von lateinisch conferre: vergleiche mit) abgekürzt werden. „P. spec. aff. x“ bedeutet dann, dass die Form der Art x so ähnlich ist, dass man sie für eng verwandt hält, aber nichts darüber weiß, ob sie eigenständig oder vielleicht doch mit x identisch ist. „P. spec. cf. y“ bedeutet, dass die Form an y erinnert, aber unklar ist, warum: vielleicht aufgrund von Verwandtschaft, vielleicht aber auch aufgrund von Konvergenz (unabhängige Entwicklung zu ähnlichem Endzustand) oder weil man komplett unsicher ist, wie man sie sonst einordnen soll. Schon aff. und cf. werden leider oft vermischt verwendet.
Unbeschriebene Prachtguramis, bei denen der Fundort zweifelsfrei fest steht, werden oft oder meist zunächst nach diesem (ersten) Fundort benannt („P. spec. Fundort“). Dabei kann es sich um eine in der Nähe gelegene Siedlung, aber auch um einen Fluss, einen Verwaltungsdistrikt oder sogar um einen ganzen Landesteil handeln. Entsprechend ist die Bezeichnung dann mehr oder weniger genau. Gelegentlich sind dann später noch weitere Fundorte der gleichen Form hinzugekommen. Daher kann es auch vorkommen, dass zwei eigentlich identische Formen unter verschiedenen Fundortnamen bekannt geworden sind, obwohl es sich um die gleichen Fische handelt. Dies bleibt solange unklar, wie es keine genetische Information über sie gibt:
Beispiele für diese häufige, aber unterschiedlich genaue Bezeichnungsweise sind etwa Formen wie spec. Jambi, spec. Langgam, spec. Lundu, spec. Palangan, spec. Sentang oder spec. Sungai Bertam. (Auch die meisten heute mit wissenschaftlichem Namen bezeichneten Arten trugen bis zu ihrer Beschreibung solche vorläufigen Bezeichnungen, z.B. spec. Sukamara für P. opallios. Wenn dies der Fall war, werden diese heute überholten Bezeichnungen bei jenen Arten oft noch erwähnt, damit man die Identität feststellen kann).
Neben den durch Fundort bezeichneten Formen, die meist von Liebhabern entdeckt und mitgebracht worden sind, gibt es weitere, die im Handel aufgetaucht sind und dort Phantasienamen erhalten haben, die über einen Fundort nichts aussagen. Hier muss man davon ausgehen, dass regionale Fängertrupps der Zierfisch-Exportfirmen ergiebige Fanggebiete erkundet und ausgebeutet haben, was die auffällig saisonale Häufung solcher Angebote erklärt. Es kann dann sein, dass eine solche Form danach wiederum jahrelang verschollen bleibt. Zu ihnen gehören z.B. spec. „Blue Line“, spec. „Red Line“.
Sehr selten benutzen Exporteure ohne jede Legitimation auch latinisierte Bezeichnungen, die wie wissenschaftlich anerkannte Namen aussehen (sollen); ohne formelle Beschreibung und Veröffentlichung sind diese aber ungültig. Ein Beispiel ist „sintangensis“ (für die noch nicht determinierte spec. Sentang, s.o.)
Schließlich gibt es noch eine weitere Weise der Bezeichnung unbeschriebenen Formen, nämlich mit Bezug auf Importvorgänge einiger besonders aktiver Zierfischimportfirmen besonders in Europa. Wenn der Fundort unklar ist, aber eine Ähnlichkeit zu bekannten Arten besteht, kommen solche Bezeichnungen zustande, die aber oft länderspezifisch sind und von Liebhabern vergeben werden, die Bezeichnungen für sonst nicht oder falsch bezeichnete Fische brauchen. Der gleiche Fisch, der in einem Land womöglich zur gleichen Zeit von einer dort ansässigen Firma importiert worden ist und eine entsprechende Liebhaberbezeichnung erhält, kann also in einem zweiten Land auf der Basis eines anderen Importvorgangs mit einer ganz anderen Bezeichnung bekannt werden. Die Liste der wissenschaftlich noch unbeschriebenen Formen ist mithin besonders anfällig für Mehrfachbezeichnungen. In den meisten Fällen wurde dies nie aufgeklärt, weil die kleinen Importpopulationen oft schnell wieder verschwunden sind. Ein Beispiel aus Deutschland ist die von der Fa. Mimbon-Aquaristik 1998 importierte und zeitweise kräftig vermehrte und verteilte alfredi-ähnliche Form spec. aff. alfredi „Mimbon 98″,
Schließlich gibt es noch Namen in der einen oder anderen Sprache, die von Findern einer Form mit Bezug auf ein (nur) für sie bedeutsames Ereignis benutzt und dann in einer nachfolgenden Publikation verwendet worden sind, meist zusätzlich zu der objektiveren Fundortbezeichnung. So ging es mit dem „Honeymoon-Prachtgurami“, der seinerzeit für die Finder von P. pahuensis (heutige Artbezeichnung, damals nach den Fundorten spec. Jantur Germeruh bzw. spec. Melak genannt) neu war und so genannt wurde, weil einer von ihnen gerade seinen „honeymoon“ erlebte. Solche Liebhaberbezeichnung sind natürlich völlig subjektiv und wissenschaftlich ohne jede Bedeutung.
Rechts finden Sie wieder eine senkrechte, alphabetisch geordnete Spalte mit solchen Bezeichnungen; das jeweils vorzustellende „species“ (spec.) lassen wir fort. Wir können aus den erwähnten Gründen hier keine vollständige Liste aller unbeschriebenen Formen geben, sondern beschränken uns auf diejenigen, für die wenigstens einige Informationen vorliegen. Durch Anklicken eines hier als link ausgeführten Namens öffnet sich ein Blatt mit näheren Einzelheiten, oft sehr wenigen. Die Liste und die Angaben auf den Einzelblättern sind deshalb in vielen Fällen wegen der Begrenztheit der verfügbaren Informationen weit weniger vollständig, aber auch schnellerer Veränderung unterworfen als im Falle der gut bekannten Arten. Fotos sind in noch weniger Fällen verfügbar.
(PF)