Aquarien sind nur die zweite Heimat der Prachtguramis
Wir müssen uns erst einmal klar machen, dass die wirkliche Heimat der Prachtguramis der Urwald von Sundaland ist (oder war) . Denn den meisten Menschen begegnen Prachtguramis, wenn überhaupt, in Aquarien. Es war die Aquaristik, nicht die Ichthyologie, die die Aufmerksamkeit auf diese Fischgruppe gelenkt hat.
Die Prachtgurami-Aquaristik ist noch nicht alt. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind ganz vereinzelt wenige Tiere in Aquarien gehalten, aber so weit wir wissen noch nicht vermehrt worden. Meistens hielten die Fische nicht lange durch, denn es war fast nichts über ihre Lebensansprüche bekannt. Selbst M. W. F. Tweedie, seinerzeit Kurator der Fischabteilung am Raffles-Museum Singapur, berichtete noch vor dem zweiten Weltkrieg in der amerikanischen Zeitschrift „The Aquarium“, dass seine „P. deissneri“ nur etwa ein halbes Jahr in guter Kondition geblieben seien, dann sei „the joy of life“ aus ihnen gewichen. Es brauche wohl „a more skillful aquarist than I“ um ihnen ideale Bedingungen zu bieten. Dieser trat dann erst in den siebziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts auf den Plan: der deutsche Arzt Dr. Walther Foersch. Erst mit ihm beginnt die Prachtgurami-Aquaristik.
Heute ist sie durchaus etabliert, wenn auch nicht auf dem aquaristischen Massenmarkt. Als Marktfaktor sind Prachtguramis unbedeutend und werden es vermutlich auch bleiben. Sie spielen fast keine Rolle im Zoohandel, obwohl einige Arten gelegentlich durchaus exportiert und in Zoogeschäften angeboten werden. Stattdessen spielt bei den Freunden dieser Fische seit jeher die private Expedition, die Erkundung mehr oder weniger schwer zugänglicher Sumpfgebiete durch Aquarienliebhaber eine sehr wichtige Rolle. Fast alle Arten und Formen sind auf diese Weise entdeckt und mit nach Hause gebracht worden. Als hochgelobte Spezialität für Kenner aber gehören Prachtguramis zu den begehrtesten, weithin am wenigsten bekannten und attraktivsten Kleinfischen für das besondere Aquarium.
Diese Tatsachen zeigen, dass man die Aquaristik nicht mit der Zoohandels-Aquaristik gleichsetzen sollte. Diese kennzeichnet zwar den weitaus größten Teil der heute gepflegten Aquarienformen, aber es gibt daneben Minderheiten, die entweder freiwillig oder notgedrungen auf die Dienste der Aquarienindustrie und des Zoohandels teilweise oder weitgehend verzichten. Bei der Prachtgurami-Aquaristik mischt sich beides. Auch das macht sie reizvoll.
Im Folgekapitel dieser Website stellen wir die wichtigsten Grundlagen der Haltung und Pflege von Prachtguramis in Aquarien zusammen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Grundsätzlichen. Einige Besonderheiten werden bei der Darstellung der einzelnen Arten erwähnt, finden sich aber vor allem in der Spezialliteratur. Vorher müssen wir aber noch einige Bemerkungen über die Beziehung von Aquaristik und Politik machen.
(PF)