Die Entdeckungsgeschichte der Prachtguramis erstreckt sich bisher über fast 150 Jahre
Die Entdeckung dieser Fische begann vor 150 Jahren und ist heute noch nicht abgeschlossen.
Der holländische Ichthyologe Pieter Bleeker entdeckte 1859 bei ichthyologischen Feldforschungen auf der Insel Bangka einen kleinen Labyrinthfisch, den niemand kannte, und beschrieb ihn als Osphromenus deissneri. 1877 erschien ihm selbst der Unterschied zu den bekannten Osphromeniden zu gewaltig und er definierte für jenen einzelnen kleinen Fisch die neue Gattung Parosphromenus. Jener Fisch war, wie wir heute wissen, ein Weibchen, zeigte also auch zu seinen Lebzeiten nicht die von den Männchen der anderen heute bekannten Parosphromenusarten bekannten Leucht– und Prachtfarben. Da zu allem Überfluss später beim Typusexemplar auch noch die Schwanzflosse verloren ging, gab es eine bis heute anhaltende Verwirrung um die wahre Identität dieses Fisches. Sie wurde zwar 1998 durch eine Neubeschreibung (von Ng und Kottelat) mit Hinterlegung eines Neotypus formal beendet; faktisch aber geht die Diskussion darüber, ob dabei der richtige von zwei auf Bangka vorkommenden Prachtguramiarten ausgewählt wurde, bis heute weiter. Die zweite in der Zwischenzeit auf der Insel gefundene Form wurde damals von den gleichen Autoren als P. bintan beschrieben.
Bis zum Beginnder Fünfziger Jahre des 20.Jahrhunderts war damit offiziell nur eine einzige Prachtguramiart bekannt: P. deissneri. 1952 aber kam eine zweite Art hinzu, deren Unterscheidung wege der völlig abweichenden Struktur und Färbung unstrittig war: P. paludicola, beschrieben durch den zoologischen Kustos des Raffles Museums Singapur aus dem äußersten Norden Malaysias. 1955 beschrieb dann der Frankfurter Ichthyologe Klausewitz einen Prachtgurami, den er als „Beifang“ bei einem deutschen Zierfischimporteur entdeckt hatte, vorsichtig als Unterart der erstbeschriebenen Art deissneri, nämlich als Parosphromenus deissneri sumatranus. Erst vierzig Jahre später erkannten Kubota und nach ihm Kottelat, dass sumatranus als eigene Art gesehen werden muss. Walther Foerschs 1974 publizierte genaue Forschungen zu den Umweltansprüchen und zur Nachzucht der Tiere, die er ab 1968 erhalten hatte, brachten zwar die Prachtgurami-Aquaristik entscheidend voran, bedeuteten aber keinen Fortschritt in der Entdeckungsgeschichte, denn er glaubte immer noch, die erste bekannt gewordene Art deissneri vor sich zu haben; tatsächlich waren es aber Tiere von Ayer Hitam, also wahrscheinlich tweediei.
1979 erfolgte dann erneut in Deutschland die Beschreibung einer neuen Art, die ein Jahr zuvor von Edith Korthaus, Alfred Hanrieder und dem Ehepaar Foersch bei Palangan auf Borneo entdeckt worden war; Jörg Vierke benannte sie als P. parvulus. Zwei Jahre später beschrieb er eine weitere neue Art, die von den gleichen Entdeckern in der Nähe von Banjarmasin gefunden worden war, als P.filamentosus. R.Ottinger fand 1984 bei Bukit Merah in Westmalaysia eine Prachtguramiform, die ihm als etwas Besonderes vorkam; es dauerte bis 2005, dass sie von Kottelat und Ng als P. rubrimontis beschrieben wurde.Als nächste neue Art folgte 1985 in der Beschreibung von D. Schaller P. nagyi, sowie zwei weitere 1987 durch Barbara Brown zur Ehren ihres Mannes als P. allani und zu Ehren des deutsch-britischen Paro-Pioniers Wiili Harvey als P. harveyi. Spätestens jetzt war klar, dass die alte Vorstellung, es gäbe nur eine einzige Parosphromenus-Art, ganz unhaltbar geworden war. Und so wurden besonders in den neunziger Jahren weitere neue Arten gezielt gesucht, gefunden und beschrieben: 1990 fand Kottelat in der Nähe von Anjungan eine in der Körperform an parvulus erinnernde, aber ganz anders gefärbte Art, die er ein jahr später al P. ornaticauda beschrieb. Im gleichen Biotop fanden Neugebauer und Linke noch eine weitere neue Prachtguramiart, die Kottelat ein Jahr später als P. anjunganensis beschrieb. Die gleichen Personen fingen zwei weitere bislang unbekannte Formen in der Nähe von Sukamara im Südwesten Borneos, die Kottelat 1991 als P. linkei und (gemeinsam mit P. Ng) 2005 als P.opallios beschrieb. Kottelat, Lim und Ng sammelten 1991 und 1992 in der Nähe von Kota Tinggi in Johore Prachtguramis, die insbesondere farblich von den bis dahin bekannten Fischen abwichen, 1996 fanden Philipp Dickmann und Frank Grams bei den Orten Melak und Jengan Danum Prachtguramis, die ebenfalls erst 2005 von Kottelat und Ng als P. pahuensis beschrieben wurden. In dieser Beschreibung wurde aber auch eine „Altlast“ aufgearbeitet, denn bereits ab Ende der dreißiger Jahre hatt man in Johore in der Nähe vonPontoan und Ayer Hitam immer wieder ausgesprochen rotflossige Prachtguramis gefunden, die erst jetzt als eigenständige Art P. tweediei beschrieben wurden.
Zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Neubeschreibung aber waren bereits viele weitere Parosphromenus–Formen bekannt, und seither sind noch einmal weitere hinzugekommen, wenn auch noch nicht wissenschaftlich identifiziert worden. Bisher ist also nicht klar erkennbar, ob sich hierunter weitere Species oder Semispecies verbergen, aber es ist infolge der Eintwicklung der Gattung in separaten Gewässersystemen (adaptive radiation) wahrscheinlich.
Dies alles bedeutet: Auch gegenwärtig ist die Entdeckungsgeschichte der Gattung noch nicht abgeschlossen.
(PF)